Geschichte aus der Vogelperspektive

Andreas Schmickler sprach beim Denkmalverein über Luftbildarchäologie

Sinzig. Auf eine spannende Rundreise voller Überraschungen nahm Andreas Schmickler beim ersten „Turmgespräch im Schloss“ 2013 des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums seine Zuhörer mit: Der in der Erforschung der Regionalgeschichte sehr engagierte Grafik-Designer aus Kirchdaun präsentierte selbst „erflogene“ Erkenntnisse aus der Luftbildarchäologie.

Und da gibt es viel zu sehen, was dem Betrachter am Boden verborgen bleibt. Längst verschüttete Hohlwege im Zusammenhang mit der historischen Aachen-Frankfurter Heerstraße, Gräberfelder mit Hügelgräbern, römische Villen, Römerstraßen und fränkische Gräberfelder, die Konturen eines Ringwalls oder zahllose Pfostenlöcher, die bis heute Bebauung aus der Steinzeit markieren. Außerdem moderne Zutaten ganz verschiedener Art, nämlich Bombentrichter und Versorgungsleitungen ebenso wie ein Labyrinth auf dem Acker oder ein liebevoll mit Heu gestaltetes Herzchen.

Wer sich zur rechten Zeit ins Flugzeug begibt – Schmickler sitzt dabei neben dem Piloten im Motorsegler des Luftsportvereins Bad Neuenahr-Ahrweiler - kann viel erleben. Er kann aber auch leer ausgehen, wie der Referent eindrucksvoll schilderte. Nur bei bestimmtem Sonnenstand – im Winter in den zwei Stunden vor Sonnenuntergang, im Sommer bei gerade noch nicht abgeernteten Getreidefeldern oder im Winter bei ganz wenig Schnee und Sonnenschein - lassen sich Rückschlüsse auf sonst nicht sichtbare Bodendenkmäler ziehen, und das nur, wenn alles stimmt. Stolz zeigte Schmickler ein Bild mit den Umrissen eines 5000 Jahre alten Ringwalls, das sich ihm, obwohl er immer dort herfliegt, in elf Jahren nur ein einziges Mal so gezeigt hat!

Wegweiser durch den Vortrag bildete die historische Aachen-Frankfurter-Heerstraße, um die sich der Verein unter anderem auch durch die Förderung der Hinweisschilder in Sinzig bemüht hat. Luftbildaufnahmen zeigen deutlich, dass die Straße selbst und zahlreiche auf sie zuführende Hohlwege sich in Schlängellinien hinzogen außer an den Stellen, wo vorhandene römische Trassen genutzt wurden. Zu sehen sind die alten Wege überhaupt nur, weil die Verfüllung der Hohlwege sich vom übrigen Erdreich unterscheidet. Die Erde ist feuchter, deshalb dunkler und trägt einen intensiveren Bewuchs. Dasselbe gilt für Gräben, und auch verdeckte Mauerreste führen zu Veränderungen an der Oberfläche. In anderen Fällen sorgt der feuchtere Boden für besseren Wuchs beim Getreide, die höher ragende Frucht wirft dann Schatten, die wiederum Rückschlüsse zulassen. Getreide ist überhaupt die Lieblingsfrucht des Luftbildarchäologen, weniger mitteilsam sind Rübenfelder, ein glatter Ausfall Rapsfelder. Sie sind zu „grobkörnig“ und geben keine Informationen weiter.

Der Flug ging über die Grafschaft in Richtung Rheinbach, unter anderem auch an der römischen Villa in Bengen vorbei. Wie ein exakt gezeichneter Grundriss zeigt sich die Villa auf dem Foto. Es lassen sich mühelos und die genauen Dimensionen des Denkmals im Erdreich nachvollziehen. Faszinierend auch die sieben Kreise in der Nähe der Aachen-Frankfurter Heerstraße in Nordrhein-Westfalen, deren Herkunft noch nicht geklärt ist. Ihre Dimensionen passen nicht zu den üblichen Hügelgräbern, hier wartet noch viel Arbeit auf die Wissenschaft. Am Laacher See lassen sich Erosionslinien von Wasserläufen in Folge des Vulkanausbruchs belegen, am „Grundriss“ der römischen Villa in Thür zwei verschiedene Nutzungsphasen. Im Raum Mayen übrigens ermöglicht der Bimsboden viel mehr Erkenntnisse als der Lössboden nördlich des Ahrtals. Ablesen lässt sich außerdem, wie vehement an vielen Stellen die Kulturschicht durch moderne Leitungen und Verfüllungen zerstört ist. Umso wichtiger der Einsatz, wie ihn Schmickler im Ehrenamt zeigt – nur was sichtbar ist, ist auch dokumentiert.

Das würdigte unter großem Beifall der sehr interessierten Zuhörerschaft Vorsitzender Dr. Günther Schell, als ehemaliger Militärgeograph selbst vom Fach. Sein Schlusswort: Nur wenn die Erkenntnisse aus der Luftbildarchäologie im zweiten Schritt auch in eine Grabung münden, habe dieser Zweig der Wissenschaft seine Aufgabe vollständig erfüllt.

Freuten sich über die Resonanz auf den hochinteressanten Vortrag zur Luftbildarchäologie:
Referent Andreas Schmickler (links) und Vorsitzender Dr. Günther Schell.

 

 

(c)2013 Text und Bild: Matthias Röcke