Intensiver Blick auf Hausfassaden und Fußböden

Zum Denkmaltag führte das HeimatMuseum Schloss Sinzig zu historischen Fliesen aus der „Plattenfabrik“

Sinzig. Zwar muss man Fliesen aus Sinziger Produktion an Häusern der Stadt nicht mit der Lupe suchen, ein gutes Auge braucht man aber durchaus. Agnes Menacher, Leiterin des Heimatmuseums Schloss Sinzig half Interessierten dafür ihre Augen zu öffnen, als sie im Rahmen des Tages des offenen Denkmals mit dem Motto „Farbe“ zu einer Führung eingeladen hatte. Das Thema „Auf den Spuren historischer Sinziger Fliesen“ geht zurückauf die Sonderausstellung „140 Jahre Fliesen aus Sinzig“ und die Arbeit eines Arbeitskreises zu diesem Thema. Josef Erhardt aus dieser Runde hatte zusammen mit Menacher nun den Rundgang zu Objekten in der Sinziger Innenstadt und in den Stadtteilen Bad Bodendorf, Westum und Franken organisiert.

Die über 30 Personen starke Gruppe – einige waren von weither angereist – startete im Empfangsräumen der Deutschen Steinzeug AG in der Rheinallee. Aus dieser seit 1870 arbeitenden Fabrik stammen die historischen Fliesen. Heute produziert man hier Fliesen zum Verlegen in Supermärkten und besonders großflächige Einheiten, wie Roger Kassner, Leiter der Entwicklung Massen und des Labors der Deutschen Steinzeug, erläuterte. Mosaike im Treppenhaus im Stil der 1950er Jahre in ihren dezenten Farben dienten als erster Belege für das Thema des Tages.

Dann ging es unter Leitung von Josef Erhardt in die Sinziger Innenstadt. Geschichten von der Sinziger Fliese zu erzählen und Hausfassaden zu erläutern gingen dabei nahtlos ineinander über. So am Haus des Fliesenmeisters Schirmbeck in der Lindenstraße mit Fliesen, die wirken wie Ziegelsteine. Der im Werk beschäftigte Fliesenmeister hatte damit für seine Arbeit werben wollen. Neben Bodenbelägen sind – auch in kräftigen Farbtönen gehaltene - Fliesen an Hausfassaden eine häufige Anwendung in der frühen Geschichte der „Plattenfabrik“. An weiteren Häusern in der Koblenzer Straße und der Schloßstraße gab es Fliesen zu erkennen, die sich auch in der Herstellung unterscheiden. So sind die in Kalk statt Zement verarbeiteten (bis ca. 1938) verlegten Fliesen haltbarer und die mit Mörtel verbundenen den (heute üblichen) geklebten überlegen.

„Machen Sie auch Altersbestimmung?“ - diese Frage wurde Josef Erhardt schon oft gestellt, so auch an diesem Nachmittag. Viele Hausbesitzer aus nah und fern interessieren sich für Herkunft und Alter eigener Fliesen aus Sinzig. Zu ihrer Typologie und Verbreitung ist im Museum inzwischen ein umfangreicher Datensatz entstanden, der ständig ergänzt wird. In einer Gründerzeitvilla in der Barbarossastraße durfte die Gruppe aufwendige Gestaltungen in den Wohnräumen bewundern, darunter ein in die Wand eingefasster Brunnen. Dieses Haus hatte um 1900 Betriebsdirektor Giovanni Kerschbaumer errichten und gestalten lassen. Bodenfliesen gab es auch in zwei Häusern in Bad Bodendorf zu sehen. Ein Mausoleum auf dem Friedhof von Westum diente als Beleg für den allmählichen Verfall eines Fliesenbodens, die Fassade des früheren Westumer Winzervereins dagegen als die älteste bekannte Fassadengestaltung mit Sinziger Fliesen an gewerblich genutzten Gebäuden. Den Abschluss der Tour bildeten zwei Sakralbauten: Das Heiligenhäuschen in Westum am Lerchenweg/Drosselweg und die Kirche von Franken, wo der gesamte Fußboden aus Sinziger Fliesen besteht.

Viel Farbe, viele Fliesen, viele Neuigkeiten – aus vier Stunden auf den „Spuren historischer Sinziger Fliesen“ war am Ende ein farbiges Mosaik geworden, dessen Einzelheiten die Teilnehmenden jetzt mit Kennerblick einschätzen konnten. Agnes Menacher dankte allen für das intensive Mitmachen.

Zu seiner nächsten Veranstaltung lädt das HeimatMuseum Schloss Sinzig ein am 5. Oktober zur Eröffnung einer Ausstellung zu Werken des im dem Schloss Sinzig eng verbundenen Malers Karl Christian Andreae. Eröffnung ist um 15.00 Uhr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(c) September 2014 

 

Text: Matthias Röcke 

Fotos: Denkmalverein