Zwei Daten, eine Feier – die Sinziger Stadtgeschichte

Karl-Friedrich Amendt vom Denkmalverein sprach zum Thema „Was ist eine Stadt?“ 

Sinzig. Was ist eine Stadt und was feiert Sinzig überhaupt im kommenden Jahr, wenn es heißt „750 Jahre Stadt Sinzig“? Karl-Friedrich Amendt, Vorsitzender des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum in Sinzig, hatte das zum Thema seines Vortrages im Rahmen der „Turmgespräche im Schloss“ gemacht. Um den Schluss des Vortrages gleich vorwegzunehmen: Sinzig feiert sein Jubiläum mit Grund, es hätte aber auch ein anderer Termin sein können. Eine Urkunde vom 9. Oktober 1267 bezeichnet die Sinziger als „Oppidanos“, Bewohner einer Stadt (lateinisch oppidum). Am 1. April 1255 war Sinzig dem „Rheinischen Städtebund“ beigetreten, einem militärischen Schutz- und Trutzbündnis, galt also als Stadt. Auch dieses Datum hätte sich für ein Jubiläum geeignet. Amendt: „Hinterher ist man immer schlauer“.  

Gestartet hatte Amendt seinen mit großem Interesse aufgenommenen Vortrag mit einer Entwicklungsgeschichte der Stadt, beginnend nicht ganz, wie er sagte, aber beinahe „bei Adam und Eva“. Von Nomaden, Tauschwirtschaft, Herausbildung von handwerklicher  Fähigkeiten, Arbeitsteilung  und Sesshaftigkeit war dabei die Rede. Wo die Bedingungen günstig waren, zum Beispiel entlang von Fernhandelswegen, ließen sich die Menschen nieder, dort entwickelten sich Handel, Dienstleistung und Märkte, auch Unterhaltungsangebote – Merkmale einer Stadt. Diese galt es auch militärisch zu schützen. Dem Dorf blieben Landwirtschaft und das örtliche Handwerk vorbehalten.

Ihre Städte mit Stadtrechten nannten die Römer „Civitas“ (Bürgerschaft), stadtähnliche Siedlungen der Kelten „Oppidum“ (Stadt). Diese Begriffe vermischen sich im europäischen Mittelalter. Städte nannten sich da sowohl Civitas wie Oppidum, obwohl sie sich in einem Punkt sehr unterschieden: Einige schafften es, sich von den allmächtigen Landesherrn loszusagen und gaben sich die Stadtrechte selbst wie die berühmten Handelsstädte der Hanse (freie Städte). Andere bekamen die Stadtrechte  vom Landesherrn verliehen als Gnade oder Ehre, blieben aber abhängig (Titularstädte). Sinzig war eine Titularstadt, allerdings ohne eine heute bekannte, verbriefte Verleihung der Stadtrechte. Sinzig war aber mit Marktrecht, Mauerrecht und Mautrecht ausgestattet.

Sinzig hatte im Mittelalter noch etwas anders zu bieten, nämlich seine Königspfalz. Die Könige regierten von dort aus (und von anderen Pfalzen) für einige  Wochen bei entsprechendem Handel und Wandel in der Stadt. Dieser Glanz der „Barbarossastadt“ hielt bis 1206, als der Regierungsplatz auf die neu  errichtete Burg Landskron in der Nachbarschaft verlegt wurde. Dennoch blieb Sinzig bedeutend, denn es erhielt 1241 die prächtige und sehr große Kirche St. Peter. Amendt: „Die Frage sei erlaubt: Wer hat eigentlich den Bau einer so großen Kirche in Auftrag gegeben und bezahlt?“

1255, mitten in der Auseinandersetzung zweier konkurrierender Könige um die Macht, schloss sich Sinzig mit Erlaubnis der benachbarten Reichsburgen dem Rheinischen Städtebund an.  Die Urkunde von 1267 mit der Nennung der „Oppidanos“ entstand im Nachgang eines dramatischen Ereignisse im selben Jahr: Die Sinziger Juden waren in einem Pogrom durch die übrige Bevölkerung ermordet worden, was den Kölner Erzbischof als Landesherrn veranlasste, Sinzig zu bestrafen und kurzerhand zu erobern. Denn er hatte den Juden Schutz gegen Bezahlung gewährt. 1255 oder 1267 – eine Stadt war Sinzig ganz bestimmt.

Eine Fülle an Informationen, in Zusammenhang gestellt mit der Sinziger Stadtgeschichte – für diese interessante und detailreiche Übersicht dankte der stellvertretende Vorsitzende Matthias Röcke seinem Vorstandskollegen.

 

Was ist eine Stadt? Karl-Friedrich Amendt führte seine Zuhörer sicher und schwungvoll durch ein kompliziertes Thema.

  

Text:  Matthias Röcke
Fotos: Hildegard Ginzler

 

(c) November 2016