Die Wittelsbacher am Rhein

Sinziger Denkmalverein besuchte Ausstellung in Mannheim

Sinzig. Vorträge im Sinziger Schloss und geführte Erkundungen in die nähere Umgebung organisiert der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums mehrmals im Jahr. Manchmal unternimmt er auch Tagestouren, so wie kürzlich, als Mitglieder und Gäste per Bus nach Mannheim reisten. Vor drei Jahren besuchten sie in den dortigen Reiss-Engelhorn-Museen Zeughaus und Mannheimer Schloss „Die Staufer und Italien“. Diesmal lockte die große historische Ausstellung: „Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa“.

Fast 600 Jahre herrschten die Wittelsbacher ununterbrochen in der Kurpfalz. Und zwar seit der Stauferkaiser Friedrich II. im Jahr 1214 die Pfalzgrafenwürde an Herzog Ludwig I. von Wittelsbach übertrug. Die Wittelsbacher stiegen im Laufe der Jahrhunderte zu einem mächtigen Geschlecht auf und standen der Kurpfalz bis zu deren Auflösung im Jahr 1803 vor. Neben der Pfalz regierte die Dynastie auch Bayern und hatte damit zwei der bedeutendsten Fürstentümer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation inne. Mit Kurfürst Ruprecht III. als König Ruprecht I. (ab 1400) schaffte sie es bis an die Spitze des Reiches.

In den beiden Ausstellungshäusern machten die Denkmalfreunde museale Bekanntschaft mit den genannten und zahlreichen weiteren Regenten, etwa Kurfürst Ludwig III., Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz von 1410 bis 1436, der als Prorektor des Konstanzer Konzils das Todesurteil an Reformator Jan Hus vollstreckte, was seine protestantischen Nachfahren als schwere Erblast empfanden. Es gab Friedrich den Siegreichen, unter dessen Pfalz-Regentschaft von 1451 bis 1476 das Herrschaftsgebiet der rheinischen Wittelsbacher seine größte Ausdehnung erreichte und Pfalzgraf Ottheinrich, der im 16. Jahrhundert den lutherischen Glauben einführte. Einer der protestantischen Nachfolger, Friedrich V., griff nach der Krone von Böhmen, stellte sich damit gegen Kaiser und Reich und wurde zum Mitauslöser des Dreißigjährigen Krieges. Der stürzte die Kurpfalz von 1618 bis 1648 ins Elend. Nachdem Carl I. Ludwig den Wiederaufbau besorgte, wüteten die Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg, dem der Spanische Erbfolgekrieg folgte.

Rund 600 Exponate, darunter Buchmalereien, Skulpturen, Goldschmiedearbeiten und Herrschergemälde, illustrierten die wechselvolle Geschichte und das kulturelle Leben der Dynastie am Rhein. Im Zeughaus standen die Exkursionsteilnehmer zudem vor einer original Goldenen Bulle von 1356. In diesem wichtigsten Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches regelte Kaiser Karl IV. Formen und Prinzipien der Königswahl durch sieben Kurfürsten, die Ordnung der Kurfürstentümer und das zeremonielle Miteinander von König und Kurfürsten. Der im Barockschloss gezeigte zweite Teil der Ausstellung konfrontierte mit dem Konfessionsstreit, der auch die Kurpfalz aufwühlte. Eine glanzvolle Epoche aber brach mit Kurfürst Carl III. Philipp an, der 1720 die Residenz von Heidelberg nach Mannheim verlegte. Er und sein Nachfolger Kurfürst Carl IV. Theodor erbauten das prachtvolle Mannheimer Schloss. Mannheim wurde zu einer Stadt, in der Kunst und Musik, Wissenschaft und Handel blühten. Doch 1778 ließ der Glanz nach, weil Carl IV. Theodor, um seine bayerische Erbschaft antreten zu können, seine Residenz nach München verlegen musste.

Bis in alle Einzelheiten hatte Vereinsmitglied Hans Jüchtern die Tour vorbereitet. So war eine ausgiebige Mittagspause eingeplant, die einige Teilnehmer nutzten, um Einblicke in die „Quadratestadt“ Mannheim zu gewinnen. Schon jetzt lädt der Verein zu seiner nächsten Veranstaltung ein. Beim „Turmgespräch im Schloss“ am 13. März, 19 Uhr, wird Holger Rescher von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz über bedrohte Architektur nach 1945 im Rheinland und an der Ahr sprechen.


 

 

 



Hans Jüchtern zeigt in kostbarer Hermelin-Robe, wie die Kurfürsten gewandet waren.

 


Exkursionsteilnehmer vor dem Mannheimer Schloss.

 

(c) Februar 2014

 

Text: Hildegard Ginzler

Fotos: Frank Michael Dost