Vom Augenblick, in dem sich die Sonne in der Ahr spiegelt…
Dr. Jürgen Haffke und Andreas Schmickler begeistern beim Denkmalverein mit Vortrag über „Das Ahrtal von oben“
Sinzig. Die Minute an einem Februar-Morgen zu erwischen, in der sich die Sonne in der Ahr spiegelt, in der sich der berühmte Felsen Bunte Kuh oder die Weinbaudomäne Marienthal im schönsten Sonnenlicht ohne irgendeinen Schatten abbilden oder in der bei Schnee die Felsformationen im Ahrtal - sonst vom Wald verdeckt – klar herausgestellt werden, das sind die Glücksmomente des Luftbildfotografen. Beim Turmgespräch im Schloss des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum Sinzig konnten über 60 Zuhörer und Zuschauer daran teilhaben. Andreas Schmickler und Dr. Jürgen Haffke, beide seit jeher intensiv mit der Regionalgeschichte befasst, stellten in einem Bildvortrag ihr jüngst erschienenes Buch „Das Ahrtal von oben“ vor.
Dabei ging es nicht nur um noch nie gesehene Perspektiven aus dem Ahrtal von der Quelle bis zur Mündung, sondern auch um eine präzise, verständlich-locker vorgetragene Erläuterung der Geologie des Ahrtals, seiner historischen Entwicklung und um aktuelle Fragestellungen. Dafür war der gelernte Geograph Dr. Jürgen Haffke verantwortlich, während Andreas Schmickler seine Bilder kommentierte (im Buch sind auch Bilder von Walter Müller, Niederzissen, enthalten).
Ein wichtiges Anliegen ist den Buchautoren die Entdeckung der oberen Ahr, die sie in junge Ahr und Oberahr unterteilen. Die junge Ahr verläuft ab der Quelle in Blankenheim bis hinter Ahrdorf, wo sie nach einem Knick in nördliche Richtung weiter zieht. Gespeist wird die Ahr aus einer Kalkmulde, eines der Luftbilder zeigt das dafür typische Landschaftsbild. Der Fluss ist hier noch so schmal, dass er vom Flugzeug aus – Schmickler flog in einem Motorsegler des Luftsportvereins Bad Neuenahr-Ahrweiler mit – kaum zu erkennen ist. Besser sieht es da mit dem Radweg aus, der auf einer ehemaligen Bahntrasse verläuft. Die Geschichte der Eisenbahn in der Eifel war immer wieder Thema an diesem Abend. Sie ist eine Geschichte der Kriegsvorbereitungen vor dem ersten Weltkrieg.
Die Oberahr birgt eine geschichtliche Besonderheit: Aremberg war bis noch am Ende des 18. Jahrhunderts eine Hauptstadt der Region, hier hatten die Fürsten von Arenberg das Reich mit regiert. Von ihrem Schloss sind nur noch kleine Reste übrig, im Sommer von oben nicht zu erkennen. Von der kaum bekannten Wensburg kann man das nicht sagen. Sie ist überhaupt nur von oben zu sehen. Die Ahr hat hier wenig Gefälle und macht deshalb viele Schleifen, teilweise hat sie sich später ein neues Bett gesucht. So entstehen Umlaufberge, um die einst der Fluss führte – zu erkennen nur von oben. Übrigens verblüffte Dr. Haffke mit der Feststellung, dass die Eifel gar kein Gebirge ist, sondern eine Hochfläche mit Vulkankegeln!
Ihre Felsformationen haben die Mittelahr ab Kreuzberg berühmt gemacht. Auf Winterbildern kommen sie ebenso gut heraus wie Weinbergterrassen in all ihren Erscheinungsformen, von undatierbaren Anlagen – vielleicht sogar aus dem Hochmittelalter – bis zu den verschiedenen Folgen der Flurbereinigung. Bilder von der Mittelahr machen auch verschiedene Besiedlungsformen deutlich. Während Dernau Bautätigkeit auf Weinanbauflächen zulässt, geschieht dies in Mayschoß und Rech nicht.
„Bad Neuenahr liegt nicht an der Ahr, sondern in der Ahr“, stellte Dr. Haffke fest. Warum? Weil die Kuranlagen dort platziert sind, wo bis zur Begradigung der Ahr der Fluss munter mäandriert hat. Das ist eines der Erkenntnisse aus dem Vortrag zur unteren Ahr. Eine weitere: Irgendwann wird sich der Fluss, wenn der Mensch ihn nicht daran hindert, wieder seine ursprüngliche Mündung in den Rhein suchen, nämlich ohne Bogen auf direktem Wege - bei Hochwasser tut er es schon heute.
Dieser „Überflug“ (Vorsitzender Karl-Friedrich Amendt) hat alle begeistert. Der Gastgeber fasste Beifall und Anerkennung im voll besetzten Kultursaal des Sinziger Schlosses in seinen kurzen Dankesworten zusammen, während Bücher und Signierstift schon bereit lagen.
Zu seiner nächsten Veranstaltung lädt der Denkmalverein am 9. April ein, zu einer Führung durch die ehemalige Stadt Königsfeld.
Sie beschreiben das Ahrtal aus einem ganz neuen Blickwinkel:
ndreas Schmickler (links) und Dr. Jürgen Haffke. Foto: Denkmalverein
Vorsitzender Karl-Friedrich Amendt überreichte den beiden Autoren das obligatorische „Honorar“ in flüssiger Form.
Buchtipp: Jürgen Haffke/ Andreas Schmickler: Das Ahrtal von oben, 128 Seiten, gebunden, 24,80 Euro
Text: Matthias Röcke