Sinzig und seine Römerbrücke

Karl-Friedrich Amendt vom Denkmalverein über historische Zusammenhänge

Sinzig. Sinzig hatte einmal eine Römerbrücke – nicht so imposant wie die weltberühmte in Trier, aber doch von ähnlicher Bedeutung für die Entwicklung der Stadt. Das erläuterte in einem spannenden Vortrag Karl-Friedrich Amendt, stellvertretender Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig, beim jüngsten Turmgespräch des Vereins im Schloss Sinzig.

Wo heute der Spessartsteg Wanderer und Radfahrer über die Ahr führt, hatten schon die Römer eine hochwassersichere Brücke erbaut – und zwar aus Steinen, nicht einfach nur aus Holz. Das war vermutlich im zweiten Jahrhundert, als im Zusammengang mit dem Grenzwall Limes auf der gegenüberliegenden Rheinseite im Raum Remagen ein Wegenetz entstand. Amendt würdigte erst einmal die Leistung der römischen Brückenbauer, zwischen zwei großen Mäanderbereichen der Ahr genau die Engstelle ermittelt zu haben, an der die Ahr ihr Flussbett behält. Hier ist Hochwasser am ehesten zu verkraften, tatsächlich hielt die Römerbrücke im Prinzip durch bis zum Jahrhunderthochwasser 1804. Und warum brauchten die Römer überhaupt einen hochwassersicheren Ahrübergang? Die Ahr führt zu anderen Zeitpunkten Hochwasser als der Rhein, so dass seinerzeit bei Ahrhochwasser durchaus die Gefahr eines germanischen Angriffs von der anderen Rheinseite bestand. Im Zuge der schnurgeraden Römerstraße von Remagen bis zum Anknüpfungspunkt des Limes gegenüber des heutigen Bad Breisig gab es zwar schon einen Ahrübergang. Dieser war allerdings bei Hochwasser regelmäßig unpassierbar. So zweigte also eine weitere Römerstraße – ebenfalls schnurgerade – vom Hauptweg ab zur neuen Ahrbrücke und hinter der Ahr zurück zum Hauptweg durch das Gebiet des heutigen Sinzig. Übrigens entspricht die heutige Straße „Am Dorn“, früher „Römerstraße“, innerhalb Sinzigs dem Verlauf der alten Römerstraße.

Zeitsprung in das achte Jahrhundert: Die Franken herrschen im Land, Straßen bauen sie kaum, Brückenbau beherrschen sie offenbar nicht, sondern nutzen eher Furten zur Flussüberquerung, was heute noch an zahlreichen Stadtnamen erkennbar ist. Und wenn sie doch Straßen bauen, sind es breite Trampelpfade statt schnurgerade Straßen mit fein durchdachtem Unterbau wie die Römer. Wo es geht, nutzen die Franken aber das römische Netz. Allerdings ist den Frankenkönigen der Weg von Aachen nach Süden über Köln zu weit und sie richten sich die Aachen-Frankfurter Heerstraße ein, die direkt nach Sinzig führt und einem Heer – es ging nur um strategische Belange – drei Tagesmärsche ersparte.

Und jetzt brachte Karl-Friedrich Amendt wieder die Brücke und ihre Bedeutung für Sinzig ins Spiel. Natürlich bezogen die Franken die vorhandene, massiv gebaute Römerbrücke über die Ahr ein. Und wo eine strategisch bedeutsame Brücke ist, muss auch für Sicherheit gesorgt werden. Sinzig wurde so zu einem wichtigen Platz, die Folge war die Einrichtung der Sinziger Königspfalz, einer der Plätze, von denen aus der König zeitweise regierte. Die Urkunde von 762, die in diesen Tagen Anlass ist, das 1250jährige Bestehen Sinzigs zu begehen, belegt die Pfalz in Sinzig genau für jene Zeit. Also keine (spätere) Kaiserpfalz ohne die Römerbrücke und damit kein Aufblühen des Ortes, das bis heute die Historie Sinzigs prägt? Davon ist auszugehen, Karl-Friedrich Amendt hat es in seinem Vortrag belegt.

Historische und aktuelle Karten, Luftbildaufnahmen – sie zeigen heute noch den Verlauf römischer Straßen an Hand besonderen Bewuchses – und Zeichnungen rekonstruierter Bauwerke unterlegten detailreich den mit großem Interesse aufgenommenen Vortrag, bei dem Amendt vor allem mit für viele der zahlreichen Besucher neuen historischen Zusammenhängen beeindruckte. Vorsitzender Dr. Günther Schell dankte im Namen aller dafür und verwies zur Vertiefung des Themas auf die von Amendt herausgegebene Schrift „Mordgesellen, Pilger, Kaufleute und Spitzbuben auf zwei historischen Fernstraßen im Kreis Ahrweiler“.

 

 

Karl-Friedrich Amendt vom Denkmalverein berichtete seiner Zuhörerschaft erstaunliche
historische Zusammenhänge.

 

 

Text und Foto (c) 2012 Matthias Röcke