Wie die Sammlung Niederée nach Sinzig kam

Turmgespräch im Schloss: Agnes Menacher und Zeitzeugen schilderten Geschichte am authentischen Ort

Sinzig. Sein Förderobjekt Heimatmuseum hatte sich der Förderverein als Thema des jüngste Turmgesprächs im Sinziger Schloss ausgesucht. Die stellvertretende Vorsitzende und Museumsleiterin  Agnes  Menacher berichtete über das Herzstück des Museumsfundus, die Sammlung Niederée. Und sie tat es nicht allein, sondern  hatte sich Zeitzeugen aus drei Linien der Familie und aus der Stadtverwaltung eingeladen. Das machte das Thema buchstäblich lebendig, dazu waren im Saal Museumsexponate aus dem Haus aufgestellt, die im Vortrag eine Rolle spielten – mehr Authentizität geht kaum.

Die Sammlung Niederée stammt vom Kunstmäzen Philipp Niederée, der, eigentlich in Linz zu Hause, zu Beginn der 1950er Jahre in Sinzig lebte. Er hatte gesammelt, was ihm gefiel. Wertvolles und weniger Wertvolles, aber so viel, dass es das 1953 von Bürgermeister Franz Zimmer initiierte neue Heimatmuseum drei Jahre später wesentlich bereicherte. Die Sammlung war in Linz untergebracht und nach und nach in das Schloss –seit 1956 Standort des Heimatmuseums - verlagert worden. Um ein Haar wäre sie übrigens in Linz geblieben. Zeitzeuge Dr. Martin Niederée berichtete, dass die Stadt Linz sie aber nicht hatte haben wollen – das war eine Neuigkeit an diesem Abend.  Zeitzeuge Willi Engel, von 1961 bis 2011 bei der Stadtverwaltung Sinzig tätig,  erzählte von Autofahrten mit Bürgermeister Zimmer, um kleinere Stücke der Sammlung nach Sinzig zu holen. Aber wie kam Sinzig überhaupt zu dieser Ehre?

Nicht nur Philipp Niederée hatte seinen Wohnsitz in Sinzig, sondern auch der zweite große Sammler der Familie, der Winzer und Weinhändler Arnold Bennerscheid. Flaschenetikette seines Sinziger Weins (!) sind im Museum erhalten.  Das noch junge Museum mit Erweiterungsperspektive wird auch eine Rolle gespielt haben, ganz zentral aber der Wunsch, die unverheiratete Nichte von Philipp Niederée, Elisabeth Klein, im Alter zu versorgen. Als Gegenleistung hatte die Stadt nämlich die Kosten für den Wohnplatz im Franziskushaus zu übernehmen – inklusive 25 DM Taschengeld, die jeden Monat bar ausgezahlt wurden – bei Willi Engel.

Dokumente wie den Schenkungsvertrag und persönliche Briefe präsentierte Agnes Menacher dem interessierten Publikum. Eigentlich war ihre lebhafte Beschreibung der Sammlung und deren Protagonisten eine Schilderung der Geschichte ihres Museums, denn fast alle Erweiterungen, Neuerungen und Ausstellungen bis heute haben irgendetwas mit der Sammlung Niederée zu tun. Inzwischen sind aus dem einstigen Sammelsurium Schwerpunkte der Malerei (Sammlung Carl Andreae, Sammlung Steinborn, Teile aus der Sammlung Niederée und speziell zur Rheinromantik ) geworden, die Stadtgeschichte ist ebenfalls reichhaltig dokumentiert. Und eben Kostbarkeiten aus der Sammlung Niederée, überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. Sakrale Holzplastiken, Mobiliar und Porzellan.

Die Familie Niederée kam Anfang des 18. Jahrhunderts als in Frankreich verfolgte Hugenotten ins Rheinland und lebte in Linz und im heutigen Bad Breisig. Weitere Linien sind die Familien Bennerscheid und Fuhrmann. Viele Niederées waren Metzger, in der Bad Breisiger Linie sind Hoteliers vertreten. Johann Martin Niederée (1830 bis 1853) hat sich als Kunstmaler einen Namen gemacht, natürlich zählen auch seine Bilder zum Museumsschatz.

„Wir wohnten in einem Museum“, erinnerte sich Dr. Martin Niederée an seine Kindheit in Linz, als viele Gegenstände schon abholbereit standen und die Kinder ihnen ja nicht zu nahe kommen durften. Seine Mutter Magdalene (93) war ebenso zum Vortrag gekommen wie Kornelia Niederée aus Bad Breisig und Johann Niederée. Und Josef Fuhrmann aus Niederzissen. Er sprach zum Abschluss und freute sich über diesen „Abend der Erinnerung und Spurensuche“. Agnes Menacher dankte er herzlich für die sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Familie und ihre intensive Recherche. Dem konnte sich Karl-Friedrich Amendt, Vorsitzender des Denkmalvereins in seinen abschließenden Worten nur anschließen.


Zeitzeigen ergänzten den Vortrag von Agnes Menacher:
Dr. Martin Niederée trug dabei mit Kindheitserinnerungen bei.


Willi Engel hat als langjähriger Mitarbeiter der Stadtverwaltung den Schenkungsvorgang begleitet.

 

 

Familienmitglieder aus verschiedenen Familien waren gekommen:
Josef Fuhrmann, Dr. Martin Niederée, Magdalena Fuhrmann, Kornelia Niederée und Johann Niederée.     

 

Text und Foto: Denkmalverein    

 

(c) November 2017