Eine Grenze mit Handel und Wandel

Achim Habbel referierte beim Turmgespräch im Sinziger Schloss über die Frauen am Limes

 

Sinzig. Im Kontext von „Römer-Spuren“, ein Projekt, zu dem sich sieben Kultureinrichtungen, darunter das Sinziger Heimatmuseum, zusammengeschlossen haben, sprach Achim Habbel beim Turmgespräch des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig über „Frauen am Limes“.

Der Informatiker und Betriebswirt ist ungemein geschichtsinteressiert, weshalb er sich von der Deutschen Limeskommission zum Limes-Cicerone (Gästeführer) ausbilden ließ. Um seine Ausführungen im Schloss noch lebendiger zu vermitteln, hatte er Meik Stiegler gebeten antike Texte vortragen. Tatsächlich erschien den Zuhörern im Licht der Literatur vieles plastischer und näher ans Heute gerückt. Habbel stieg bei um 50 Jahren vor Christus ein, als Julius Cäsar Gallien eroberte, womit die Römerzeit im heutigen Frankreich, Belgien, Luxemburg und einem Teil Westdeutschlands begann. Später nahm Rom Österreich und weitere Teile Deutschlands ein. Nach der verlorenen Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus zogen sich die Römer in die linksrheinischen Gebiete zurück. Wegen dichter Wälder und unzugänglichen Gegenden östlich des Rheins, gab Rom den Plan einer Eroberung dieser Gebiete auf, um stattdessen die schon eroberten Regionen zu sichern.

So errichteten sie ab dem 1. Jahrhundert nach Christus den Limes gegen die Einfälle germanischer Stämme. Er markiert, je nach Ausbauphase mit Kastellen, Wachtürmen, Mauern und Palisaden ausgestattet, die Befestigungen, durch welche die Weltmacht sich bis in die 2. Hälfte des dritten Jahrhunderts gegen das freie Germanien hin abgrenzte. Mit 550 Kilometern Länge und 120 Kastellen ist der Limes das längste Bodendenkmal Europas. Dort begegnete die römische Hochkultur dem „barbarischen" Germanien. Dessen Angriffe wurden abgewehrt. Aber es gab durchaus friedliche Begegnungen. Römer und Germanen unterhielten einen schwunghaften Handel. Die Germanen begehrten Töpfereierzeugnisse und Waffen, während die Römer gerne Bernstein, das Gold Germaniens, erstanden und ebenso blondes Germanenhaar für römische Perücken.

Ex-Grenze verbindet Länder

75 Limes-Kilometer verlaufen in Rheinland-Pfalz. Der obergermanische Limes beginnt bei Rheinbrohl, der raetische Limes bei Schwäbisch-Gmünd. Er endet nahe Regensburg, bei Hienheim an der Donau. Seit 2005 hat der Obergermanisch-Raetische Limes Welterbestatus. Zusammen mit dem Hadrianswall in Großbritannien bildet der Limes die Welterbestätte „Grenzen des Römischen Imperiums". Auch der Niedergermanische Limes, so Habbel, der als natürliche Flussgrenze rund 400 Kilometer von der Nordsee bis zur Vinxtbachmündung bei Brohl entlang des Rheins verläuft, soll Teil des Welterbes werden. Dies würde in der Kernstadt Remagens zu besonderen Grabungsschutz führen. Der Redner begrüßt, „dass das, was damals die Menschen getrennt hat, heute zum Länder verbindenden Gedanken wird“.

Vor der Weiblichkeit am Limes betrachtete der Referent die Frauen im römischen Reich. Sie hatten bereits mehr Rechte als die Griechinnen, wenn auch nicht das Wahlrecht und keine eigene Vermögensverwaltung. Und nur Männer konnten sich scheiden lassen. Indes nahmen die Rechte der Römerin in der Kaiserzeit zu. Das Ideal der römischen Frau erschließen Grabsteine als anmutig, fleißig, züchtig und fromm. Dagegen nutzte der Redner Münzen, um auf berühmte Römerinnen wie Livia oder Agrippina die Jüngere zu verweisen, die ihren Sohn, Kaiser Nero, beeinflusste und als Gründerin Kölns gilt. Das ewig junge Thema Mode schien exemplarisch durch den Kopfputz auf. Darin und in Punkto Hygiene kannte sich Ovid aus. „Gepflegte Sauberkeit zieht uns an“, schrieb der Dichter. Und als typgerechte Frisur riet er unter anderem: „Auch nachlässiges Haar steht vielen.“

Hausfrau, Hebamme, Händlerin

Im römischen Kernland erfüllten die Frauen vor allem Aufgaben als Hausfrauen und Mütter. Sklavinnen verrichteten Heim- und Hofarbeit. Doch Frauen des „Mittelstandes“ übten gerne den Beruf der Ärztin oder Hebamme aus. Andere waren assistierend im Handwerk tätig. Was aber hatten Frauen am Limes zu tun? Sie kämpften nicht, stellte Habbel eindeutig klar. Die Wachtürme am Limes wurden ausschließlich von Hilfstruppen, den  Auxiliare, besetzt. Nach 25 Jahren Dienstzeit erhielten diese Soldaten das  Bürgerrecht und sollten solange nicht heiraten. Dennoch lebten sie nicht legalisiert mit Frauen zusammen und gründeten Familien, wovon sogar ihre Militärdiplome zeugen. In den Kastellen selbst gab es keine Frauen. Nur der Kommandant hatte seine Familie im Wohnhaus bei sich. Allerdings existierte am Limes eine Infrastruktur zivil verwalteter Kastelldörfer und Landgüter. In den Siedlungen arbeiteten Frauen in Gaststätten und Bordellen. Sie waren in den Handwerksbetrieben tätig und traten als Händlerinnen auf.

Für den lehrreichen und unterhaltsamen Ausführungen, zu denen Überraschungsgast Stine Kockrick aus Limeshain mit ihrer römischen Gewandung beitrug, dankte der Vereinsvorsitzende Rehmann dem Referenten. Zugleich wies er auf die nächste Exkursion des Vereins hin. Sie verfolgt wiederum „Römer-Spuren“: Die Fahrt geht am 30. März nach Rheinbrohl zum Projektteilnehmer „Römer-Welt“. Die Führung beginnt um 14 Uhr. Mitfahrgelegenheiten ab Schloss Sinzig gibt es um 13.15 Uhr. Anmeldungen nimmt Agnes Menacher unter Tel.: 02642-3406 entgegen.

 

Achim Habbel freute sich, auch die römisch gewandete Stine Kockrick
zu seinem Vortrag begrüßen zu können.

 

Vorsitzender Hardy Rehmann (v. r.) dankte dem Referenten Achim Habbel und
Vorleser Meik Stiegler für ein gelungenes Turmgespräch.

 

Limes-Cicerone Achim Habbel im Forum Romanum, dem zentralen öffentlichen Platz im antiken Rom

 

Text und Fotos vom Turmgespräch: Hildegard Ginzler

Foto im Forum Romanum: Achim Habbel

 

(c) März 2019