Nachdruck aus: Sinziger Zeitung vom 16.Mai 2002

Sinziger  Schlossgeschichten

Internationaler Museumstag in Sinzig (Teil 1)

Rheinromantik trotzte dem Regen

von Hildegard Ginzler

Am Internationalen Museumstag öffnete das Heimatmuseums Sinzig Haus und Park, um auf das einzigartige Ensemble grün eingebetteter Architektur hinzuweisen und auch einen Fingerzeig auf die Schätze im Inneren zu geben. Selbst für Museumskenner neu präsentierte sich dort die eigens im Jahr der Rheinromantik konzipierte Ausstellung „Rheinromantik – Grafiken des 19. Jahrhunderts“.
Doch bevor die zur ersten Führung eingetroffenen Besucher die diversen Holz- und Stahlstiche, Lithografien und Aquatinten sahen, bevor insbesondere die Kinder sich auch an den von Karl-Heinz Beißel gefertigten maßstabgenauen Modelle Sinziger Bauten erfreuten, folgten sie Museumsleiterin Agnes Menacher in den Schlosspark. „Trauen Sie sich?“ erkundigte sich die Führerin bei den Interessenten. Wer dabei war, wunderte sich nicht über die Frage, denn vom Himmel tropfte steter Regen. Doch sie trauten sich alle, spannten die Schirme auf und zogen die Kapuzen über.
  Auch viele Kinder waren am Museumstag ins Sinziger Schloss gekommen und betrachteten neugierig die vielfältigen Exponate.
An Stelle des Sinziger Schlosses stand einst eine Wasserburg, deren Anfänge in das 14. Jahrhundert zurückreichen. Und auch der heutige Bau liegt in einem breiten Graben, der sich damals, mit Wasser gefüllt, um das Schloss der Herzöge von Jülich-Berg zog. Der mit vier Ecktürmen bewehrte Bau wurde 1689 während des pfälzischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen zerstört. „Bis Mitte 19. Jahrhundert diente die Ruinenlandschaft als Steinbruch zum Bau von Häusern und Ausbessern der Stadtmauern“, erklärte Agnes Menacher. Sie berichtete auch von fünf noch im Jahre 1850 vorhandenen Fischteichen im ehemaligen Wassergraben. Schon bald darauf erwarb der Kölner Kaufmann Gustav Bunge das Schlossgelände, um sich vom renommierten Architekten Vincenz Statz eine Sommervilla für seine Familie erbauen zu lassen (von 1854 bis 1858). Statz bezog für das noble Haus im neugotischen Stil die Reste des früheren Schlosses mit ein.
Trotz des anhaltenden Regens nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit einer interessanten museumsführung auch außerhalb des Schlosses.  
Parkähnliche Gestaltung
Kein anderer als Bunges Schwager Carl Christian Andreae, dessen Eltern in Sinzig die Villa auf dem Helenenberg bewohnten und der im Schloss das Turmzimmer und den Salon ausmalte, hatte im Jahr 1870 einen Plan vom Garten, der vom Gartenbauarchitekten Josef August Lenné entworfen wurde, gezeichnet. Er zeigte den Besuchern die ganzen Ausmaße des Anwesens. Wo heute die Kindergarten stehen, erstreckte sich das Grundstück einst mit Nutzgärten umgeben von Obstbäumen. Die Lindenallee ist noch erhalten. An der Ostseite von Bunges Schloss befand sich ein Brunnen. Ein weiterer war im Graben hinter dem Haus (im Norden). Er wurde 1944 zerstört. Für den Graben rund ums Schloss hatte Lenné eine parkähnliche Gestaltung gewählt, während auf dem Plan an der Böschung zum Graben hin lauter Rebensymbole eingezeichnet sind. Dass dort bereits zur Ruinen-Zeit des Vorgängerbaus Wein angebaut wurde, belegt eine Karte von 1827.
Historienmalerei
Agnes Menacher machte die Besucher des Heimatmuseums darauf aufmerksam, dass die gesamte Garten- und Parkanlage nicht nach dem neugotischen Schloss ausgerichtet ist. Die Mittelachse des Gartens orientiert sich vielmehr an zwei Ecktürmen des früheren Baus und teilt genau dessen verbindende Nordwand. Im Schlossgebäude selbst, das, wie Menacher erklärte, „mitten in der Euphorie der Rhein-Romantik entstanden ist“, wies die Museumsleiterin auf die kunstvoll von Maler Andreae dekorierte Kassettendecke im Salon hin, wo heute kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Die Besucher sahen sich ebenfalls im Turmzimmer um. Vier Wandgemälde vermitteln einen Eindruck von der Historienmalerei des 19. Jahrhunderts. Auftraggeber Bunge zeigte Standesbewusstsein. Neben Darstellungen von Germanen, die römische Schiffe auf dem Rhein beobachten, von Kaiser Barbarossa und Kaiser Karl dem Großen hat er als viertes Motiv die Ankunft der Familie Bunge im Kölner Hafen in einen großen geschichtlichen Zusammenhang integriert.