Auf den Spuren der Römer: Archäologische Fakten und Details aus dem Alltag

Denkmalverein Sinzig auf Exkursion am Limes, am Vinxtbach, im Brohltal und in Ramersbach

von Matthias Röcke 

 

Dr. Günther Schell mit der Gruppe des Sinziger Denkmalvereins am Kohlesäurebrunnen bei Wassenach.
Foto:  © 2009 Matthias Röcke
 

Sinzig, August 2009

„Als die Römer frech geworden ... “ Mit diesem Lied begrüßte Dr. Günther Schell die Teilnehmer der ganz­tägigen Bustour des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig e.V. zum Thema „Auf den Spuren der Römer“. Der Vereinsvorsitzende Dr. Schell zeigte sich als ein ausgesprochener Spezialist, die Römer waren bereits während der Studienzeit eines seiner Arbeitsgebiete. Archäologische und geologische Fakten bildeten zwar das Gerüst seiner Erläuterungen, die von Dr. Schell vorgetragenen weithin unbekannten Details des damaligen Alltags sorgten aber für so manchen „Aha-Effekt“, denn sie sind mit unseren heutigen Verhältnissen direkt zu vergleichen und auf diese Weise wesentlich einprägsamer.

Zunächst ging es auf die rechte Rheinseite, wo in Bad Hönningen und Rheinbrohl rekonstruierte aber auch unveränderte Anlagen der römischen Grenzbefestigung zu besichtigen sind. In der Nähe der Fährlände, am Wachturm Nr. 1 des Limes, ließen sich Einzelheiten des gesamten Limes-Bauwerks, seine Funktion und das römische Militär darstellen. Oft wird der Limes mit der ehemaligen inner­deutschen Grenze verglichen, doch im Gegensatz zu dieser war der Limes (fast) immer offen für friedliche Handelskontakte. Trotzdem konnten die Plünderungszüge der germanischen ‚Barbaren’ ins Imperium über Jahrzehnte recht wirksam von den Grenztruppen am Limes abgewehrt werden, zu verhindern waren sie letztlich nicht. Beeindruckend die Schilderung des Warnsystems: Bei Gefahr erreichten die durch Lauffeuer übermittelten „antiken SMS“ die Hauptstadt Rom schon in 6 bis 8 Stunden

Bemerkenswert auch, dass wir heute trotz EU und Euro in mancher Hinsicht noch weit von der Wirklichkeit des römischen Reiches entfernt sind. Damals war es beispielsweise möglich, ohne Pass und ohne Geldumtausch quer durchs heutige Deutschland, Österreich, den Balkan und die Türkei bis in den ‚Nahen Osten’ zu reisen, weiter über Nordafrika, Spanien, Frankreich und die Benelux-Staaten bis nach England. Und es waren ständig Reisende unterwegs: Militärs, Beamte, Kuriere, Händler, Handwerker, Sportler, Missionare, ‚Kurgäste’ die Heilbäder aufsuchten, oder Bürger die sich anlässlich einer Volkszählung in ihren Heimatorten registrieren lassen mussten und nicht zuletzt Touristen, wie antike Kritzeleien an den Pyramiden in Ägypten belegen. Latein war über alle Sprachgrenzen hinweg die Amts- und Verkehrssprache, die überall verstanden wurde und auf den gut ausgebauten Straßen und Schifffahrtswegen konnten bis zu 200 km pro Tag zurückgelegt werden. Von Mainz bis Köln beispielsweise dauerte es nur einen Tag, nach Rom über die Alpen nur 10 Tage.

Zurück auf der linken Rheinseite galt die Aufmerksamkeit dem Vinxtbach als innerrömischer Verwaltungsgrenze zwischen Ober- und Niedergermanien. Dieser Bach bildete bis zur sog. Franzosenzeit (1794-1814) die südliche Grenze des Kölner Erzbistums, dem auch Sinzig bis dahin angehörte.

Innerhalb des Imperiums gab es im heutigen Kreis Ahrweiler außer der Landwirtschaft weitere lohnende Wirtschaftszweige, unter anderem Bergbau, Heilbrunnen, Weinbau und Eisenverhüttung - und alle haben ihre heute noch sichtbaren Spuren hinterlassen.

Riesige Höhlen und eine aus dem Stein gemeißelte Götterfigur (jetzt im Landesmuseum Bonn) belegen, dass im Brohltal schon von den Römern Trass abgebaut wurde. Mit der Erklärung, dass Trass zur Herstellung von unter Wasser abbindendem Zement benötigt wird, verband Dr. Schell einen Kurzlehrgang zur Geologie und zum Vulkanismus. Basalt, Trass, fruchtbare Böden für die Landwirtschaft und nicht zuletzt kohlensäure- und mineralhaltige Quellen sind Folgen des Vulkanismus, die seit dem Altertum z.T. durchgehend bis heute genutzt werden. Münzfunde im Umfeld der Quelle Tönisstein belegen ein römisches Heil- und Kurbad schon vor 2000 Jahren. Vulkanischen Ursprungs sind auch der Laacher See, der Kohlesäurebrunnen in Wassenach und das ‚trockengelaufene’ Wehrer Kessel, wo seit der Bronzezeit Eisenerz abgebaut wurde. Unterwegs wurden noch eine römische villa rustica und die Kohl(e)straße ‚mitgenommen’, das letzte Ziel der Tour war die ausgegrabene und teilweise rekonstruierte römische Eisenschmelzanlage in Ramersbach bei Ahrweiler.

Obwohl es der heißeste Tag des Jahres war, fanden die fachlich und trotzdem locker vorgetragenen Erklärungen bis zum Schluss das volle Interesse der Teilnehmer.

Bei der nächsten Veranstaltung des Vereins ist der „Hunnenkönig Attila“ das Thema. Geschichts­interessierte sind zum Turmgespräch am 10. Sept. 2009 um 19.00 Uhr im Schloss herzlich eingeladen.