Kräutervielfalt im Garten rund um das Schloss
Jean-Marie Dumaine führte Gruppe des Denkmalvereins zu versteckten Besonderheiten
Sinzig. Weite Wege braucht niemand zurückzulegen, wenn Jean-Marie Dumaine, der prominente Sinziger „Kräuterkoch“, zur Kräuterwanderung einlädt. Diesmal tat er es auf Einladung des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum Sinzig, und die „Wanderung“ war passenderweise beschränkt auf den Schlosspark, der eigentlich ein Garten ist. Das Sinziger Schloss ist bekanntlich die „gute Stube“ des Vereins.
Deshalb informierte zu Beginn Vorsitzender Karl-Friedrich Amendt die 45 Köpfe starke Gruppe über das Schloss und seinen Garten. Dieser ist das Werk des bekannten Gartenarchitekten Joseph August Lenné (1814 – 1894), ein Neffe des berühmten preußischen Gartenbaumeisters Peter Joseph Lenné. Museumsleiterin und stellvertretende Vorsitzende Agnes Menacher gab dazu während des Rundgangs detaillierte Informationen. Das Thema des Abends aber hieß Kräuter im Schlossgarten, die Welt von Jean-Marie Dumaine. Sein Restaurant „Vieux Sinzig“ ist ebenso überregional bekannt wie seine fünf Kochbücher weit verbreitet. Dumaine braucht nur ein paar Schritte, um entlang des Rondells vor dem Schloss fündig zu werden. Der Holunderbaum hat viel zu bieten, zum Betrachten und für die Küche. Holunderblüten, Holunderwein und Pilze im Umfeld.
Dumaines Wissen über die Kräuter beinhaltet auch Lebensweisheiten. Er warb für mehr Offenheit gegenüber den Wildpflanzen. Die meisten sind nicht gefährlich, ohne ein paar Grundkenntnisse sollte man sich ihrer allerdings nicht bedienen. Wildpflanzen sind eher bitter, eine Geschmacksrichtung, die heute zunehmend verloren geht. Außerdem haben sie heilende Wirkung.
Die große Linde im Schlossgarten war ebenfalls Thema. Viele Fragen kamen aus der Runde, Dumain konnte sie alle beantworten (Lindenblütentee nur drei Minuten ziehen lassen!). Brombeeren taugen nicht nur zum Direktverzehr, sondern auch zu Tee und Saft. Johanniskraut öffnet die Poren und lässt Licht in die Haut, was bei Depressionen hilft, besonders dann, wenn das Sonnenlicht knapp ist. Der japanische Knöterich hat einen wenig einladenden Namen, Wildrhabarber klingt schon besser. Dumaine: „Seit ich auf meiner Speisekarte diese Bezeichnung verwende, wird das Gericht oft bestellt.“ Alles, was Rhabarber kann, kann der Knöterich im Prinzip auch. Nelkenwurzeln, Kirschlorbeer oder Edelkastanie – auf dem nur knapp 500 Meter langen Rundweg durch den Schlossgarten fanden sich weitere ansonsten unbeachtete Besonderheiten. Sogar zur Zweitverwertung hatte Dumaine Tipps: Etwa aus dem Kirschlorbeerstrauch ein schmales Tablett zum Servieren von Speisen zu machen.
„Die Natur ist edel, der Koch veredelt sie zusätzlich“ – dieses Schlusswort von Jean-Marie Dumain war gleichzeitig die Einladung, zum Abschluss im Schloss aus der Küche des Vieux Sinzig zu probieren. Karl-Friedrich Amendt dankte Dumaine herzlich für seine begeisternde Führung und überreichte ihm als Andenken das jüngst erschienene Buch „Das Ahrtal von oben“ – an Stelle des sonst im Verein üblichen Weinpräsents, denn man wolle ja beim exquisiten Weinkenner Dumaine „nicht Wasser in den Rhein schütten“. Einen besonders reizvollen Schlusspunkt konnte das HeimatMuseum Schloss Sinzig setzen: Das historische Kräuterbuch aus dem Jahre 1507 und eine Duplikat, beides aus dem Museumsbestand, lagen zur Ansicht bereit.
Zu seiner nächsten Veranstaltung lädt der Förderverein Denkmalpflege und Heimatmuseums am Donnerstag, 30. Juni um 19.00 ein. Bei diesem „Turmgespräch im Schloss“ geht es um das Thema „Rheinisch oder Sinziger Platt“ mit Dr. Georg Cornelissen vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte.
Kräuter und andere Wildpflanzen haben viel zu bieten: Jean-Maria Dumaine erläutert den Kirschlorbeer.
Text: Matthias Röcke Foto: Denkmalverein